Mittwoch, 29.09.2010

Erlebnisse der St. Irmgardis-Krankenpflege-Schüler in Afrika: „Jetzt weiß ich das deutsche Gesundheitssystem zu schätzen“

Alle brachten sie die unterschiedlichsten Geschichten von ihrem Praktikum in Afrika mit: die sechs künftigen Gesundheits- und Krankenpfleger/innen der Krankenpflegeschule am St. Irmgardis-Krankenhaus Süchteln. Julia Dittmaier und das Baby, dem sie bei ihrem Auslandseinsatz in Mwanga/Tansania auf die Welt half.

Viersen/Süchteln. „Nachdem ich am eigenen Leib die hygienischen und medizinischen Zustände in Afrika erlebt habe, weiß ich das deutsche Gesundheitssystem wirklich zu schätzen. Was können wir froh sein, hier zu leben“, betont Daniela Bulka. Sie ist eine von sechs künftigen Gesundheits- und Krankenpfleger/innen der Krankenpflegeschule am St. Irmgardis-Krankenhaus, die einen Teil ihrer Ausbildung auf dem schwarzen Kontinent absolvierten. Vier Wochen lang waren sie sowohl in Krankenhäusern als auch in Missionsstationen im Einsatz.

 

Einsatz in Kenia

Daniela Bulka war in einem der größten Krankenhäuser Kisumus eingesetzt. Obwohl die drittgrößte Stadt Kenias, sind die hygienischen Verhältnisse im Krankenhaus erschreckend. Sie berichtet von einer 90 Quadratmeter großen Halle, in der die Kinderabteilung untergebracht war. Dort stand Bett an Bett, in jedem einzelnen waren bis zu drei Kinder – mit teilweise sehr unterschiedlichen Krankheiten - untergebracht. Mehr als wahrscheinlich, dass die Kinder sich gegenseitig anstecken. Aber auch von einem schwitzenden Arzt, dessen Schweiß während der Operation in die offene Wunde eines Patienten tropfte, berichtet sie.

 

Auch Jan Karten und Marina Cronenbrock haben Abenteuerliches erlebt. Sie waren  ebenfalls in Kenia, in Masogo, im Einsatz. Allerdings beeindruckten sie am meisten die nächtlichen Toilettengänge. 20 Meter vom Haus entfernt standen die Holzkisten. Sie waren eine Art „besseres Loch in der Erde“.  Heimische Fledermäuse nutzten sie als Schlafgelegenheit. Besucher, die im Dunkeln „das Örtchen“ aufsuchten,  wurden durch die losfliegenden Fledermäuse zu Tode erschreckt. Auch berichten die beiden von Bussen, die zwar für 12 Personen vorgesehen waren, aber auch mit 23 Menschen voll gestopft wurden. Diese Kleinbusse, „Matatu“ genannt, werden erst dann repariert, wenn sie garnicht mehr fahren.

 

Zu den Aufgaben von Friederika Scholten im Gesundheitscenter der Uradi Mission gehörte es, HIV-(Aids) Schnelltests bei der Schwangerschaftsvorsorge durchzu¬führen. „Wenn sich herausstellt, dass die Mutter HIV-positiv ist, kann man mit speziellen Medikamenten die Übertragung des Virus’ während der Geburt auf das Kind verhindern“, berichtet sie. Eine 17-jährige Patientin, die positiv gestestet worden war, verschwand unmittelbar nach der Information. „Vielleicht hatte sie Angst vor den Kosten der Behandlung oder vor der Krankheit selbst“, vermutet Friederika Scholten.

 

Einsatz in Tansania

Julia Dittmaier war in Mwanga tätig. „Beeindruckend war die Geduld der Menschen“, berichtet sie. Sie absolvierte ihre Zeit in einer Kinderklinik. „Niemand störte sich daran, zu warten. Auch wenn Patienten zuerst behandelt wurden, die später gekommen waren, gab es keine Diskussionen. Von dieser Mentalität kann man sich bei uns eine Scheibe abschneiden“, findet die junge Kranken¬pflegeschülerin. Julia half auch einer jungen Frau bei der Geburt ihres Kindes. Alle übrigen Schwestern waren anderweitig im Einsatz. „Ich habe einfach funktioniert und das gemacht, was man mir beigebracht hatte“, erzählt sie. Und ist riesig stolz, dass alles gut gegangen ist. „Ich habe ein Kind entbunden. Einfach so“, lacht sie.

 

Einsatz in Bukoba, Tansania

Sandra Dannenberg erlebte, kaum im Gesundheitszentrum angekommen, die Reaktionen auf den Tod einer Patientin. Nicht nur Familienangehörige, auch das Pflegepersonal trauerte mehrere Tage um diese Frau. „Ich nehme an, dass die Patientin lange im Gesundheitszentrum gelegen hat. Das ging schon unter die Haut, wie alle um sie weinten. Noch lange hatte ich eine Gänsehaut“, erzählt sie.

 

Aber nicht nur Trauriges hat sie erlebt. An einem Tanzwettbewerb außerhalb des Krankenhauses nahm auch ein stark behinderter Mann teil. „Seine Beine waren stark unterentwickelt, er konnte sich nur auf den Händen vorwärts bewegen“, berichtet Sandra Dannenberg. „Das hinderte ihn aber nicht daran, als Höhepunkt der Veranstaltung einen eindrucksvollen Breakdance hinzulegen. Und die Zuschauer feierten ihn fast wie einen Popstar“, beschreibt sie die Situation. „Bei uns würde er nur als Außenseiter gesehen.“

 

Neue Reise nach Afrika ist geplant

Trotz mancher bedrückenden und traurigen Erlebnisse sind sich die Sechs einig: Wenn die Ausbildung beendet ist, wollen sie alle noch einmal nach Afrika. Die beeindruckende Gastfreundschaft, die gute und freundliche Aufnahme in den Dorfgemeinschaften, die Herzlichkeit der Bevölkerung beeindruckten. „Auch wenn die hygienischen Bedingungen nach unseren Vorstellungen sehr gewöhnungs¬bedürftig sind, so ist uns die Rückkehr schwer gefallen. Hier ist einfach alles im Überfluss vorhanden. Dort nicht. Und es ist schon toll, was man mit wenigen Mitteln erreichen kann“, so das gemeinsame Fazit.