Donnerstag, 11.10.2012

Gleich zwei Spezialisten für Prokologie im St. Irmgardis-Krankenhaus: Tabuthema Aftererkrankungen ist hoch-aktuell

Dr. med. Sven Zielstra

Süchteln. „Niemand spricht über proktologische Erkrankungen, wie beispielsweise Hämorrhoiden - und keiner ist offiziell betroffen. Aber die Patientenzahlen zeigen ein ganz anderes Bild“, erklärt Ottmar Köck, Geschäftsführer des St. Irmgardis-Krankenhauses in Süchteln. Das ist einer der Gründe, warum im Süchtelner Haus gleich zwei ausgebildete Proktologen tätig sind. Die Leitung der Klinik Allgemein- und Viszeralchirurgie liegt in den Händen von Dr. Christan Maciey. Dr. Sven Zielstra ist Oberarzt und Leiter des Fachbereichs Proktologie.

Jeder kann betroffen sein
Proktologie ist die Lehre der Erkrankung des Analkanals. Darunter fallen eine Vielzahl von Leiden - das häufigste sind Hämorrhoiden.  „Jeder Mensch hat Hämorrhoiden. Aber nicht alle haben Probleme mit ihnen“, erläutert Sven Zielstra.

Hämorrhoiden sind Schwellkörper im Bereich des Schließmuskels, die für eine zusätzliche Abdichtung des Enddarms sorgen. Sie schwellen an und dichten den Enddarm ab, wenn der innere Schließmuskel leicht geöffnet ist, um beim Körper Stuhldrang auszulösen. Zu einem Problem kommt es erst dann, wenn der Schwellkörper dauerhaft vergrößert bleibt und nicht wieder abschwillt. „Dann bilden sich knotige Aussackungen am After, die zu den typischen Symptomen wie Jucken, Brennen oder Nässen führen. Auch kann es zu Blutungen kommen“, erklärt Zielstra.

Ein typischer Fall
So auch bei Daniela P. Die 32-Jährige bemerkte im Anschluss an ihre zweite Schwangerschaft nach dem Stuhlgang Blut am Toilettenpapier. „Oft juckte und brannte es am After, aber daran habe ich mich fast gewöhnt. Und eine Salbe aus der Apotheke half etwas“, erinnert sie sich. Die Creme orderte sie bei einer Internet-Apotheke. „Darüber zu sprechen, war mir peinlich - selbst vor einem Apotheker. Aber irgendwann blieb mir nichts anderes übrig.“ Ein schmerzhafter, fast kirschgroßer Knoten hat sich am After entwickelt, der das Sitzen unerträglich werden ließ. „So unangenehm mir das auch war, diese Schmerzen waren nicht zu ertragen und mussten behandelt werden“, sagt sie heute.

Ihr Hausarzt überwies sie zu einem Facharzt für Proktologie. So kam sie bei Sven Zielstra im St. Irmgardis-Krankenhaus in Behandlung. „Es handelte sich um eine Anal-Venenthrombose - ein Blutgerinnsel in einer dicht am After liegenden Vene“, erläutert Zielstra. Mit einer lokalen Betäubung wurde das Gerinnsel entfernt und die Nachbehandlung eingeleitet. Dazu zählt auch eine ausführliche Hämorrhoiden-Beratung, denn häufig besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Erkrankungen.

Ursachen und Vorbeugung
Eine große Anzahl von Menschen über 30 Jahren sind von proktologischen Erkrankungen betroffen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von angeborenen Bindegewebsschwächen über zu hohem Druck durch Übergewicht oder übermäßigem Sitzen, Beckenbodenschwäche, Lebererkrankungen bis hin zu Verstopfung und häufiges Stuhlpressen.

Verhindern kann man das Auftreten einer solchen Erkrankung nicht, wohl aber entgegenwirken. „Eine gesunde, ballaststoffreiche Vollwertkost sorgt für eine intakte Darmschleimhaut und weichen Stuhlgang, viel Gemüse und Obst nährt den Dickdarm. Reduziert man außerdem fette Nahrungsmittel wie Frittiertes, Fertigprodukte oder Süßigkeiten, reduziert man die Risiken deutlich“, erläutert Christian Maciey.

Wöchentliche Sprechstunden
Inzwischen besuchen wöchentlich bis zu 150 Patienten die proktologischen Sprechstunden im St. Irmgardis-Krankenhaus. Außerdem werden etwa acht Patienten pro Woche operiert.

Ein Grund dafür liegt sicher bei den Patienten-Empfehlungen. „Spätestens nach so einer Behandlung kommt man im Freundeskreis nicht mehr um Antworten herum“, lächelt Daniela P. „Es ist erstaunlich, wie viele dann auf einmal wissen möchten, wo man denn gewesen ist, weil sie selbst das eine oder andere Problem haben.“