Montag, 12.07.2021

Vierbeinige Unterstützung im St. Irmgardis-Krankenhaus Süchteln: Tonga und seine Kumpel sind „Patientenfreunde“

Foto 1: (v.l.) Renate Dieken mit Tonga, Britta Steinwegs mit Monty und Christine Köhler-Maas mit Elsie und Murphy bilden die „Patientenfreunde“ am St. Irmgardis-Krankenhaus Süchteln. Fotos 2: Britta Steinwegs hat für Monty mit ihrem Rucksack ein ideales Transportmittel gefunden. Fotos: St. Irmgardis-Krankenhaus

Süchteln. Wenn Tonga ins Zimmer kommt, leuchten die Augen der  Patientin auf. Der zehn Jahre alte Labrador wird mit ihr die Beweglichkeit von Hand und Arm trainieren, die nach einem Schlaganfall stark eingeschränkt sind. Aber neben dem Training, das die 87-Jährige im Rahmen ihrer geriatrischen Versorgung im St. Irmgardis-Krankenhaus zuteilwird, genießt die Patientin den Umgang mit dem souveränen Vierbeiner. Mit ihm spielerisch zu üben und ihn mit Leckerchen zu belohnen, das macht ihr erkennbar Freude.

Eigene Hunde von Mitarbeiterinnen
Die Idee, Hunde zur Therapie-Unterstützung einzusetzen, ist auch am Süchtelner Haus bekannt. Neu und anders ist, dass es jetzt Mitarbeiterinnen mit ihren eigenen Hunden sind, die mit den Patienten arbeiten. „Wir kennen unsere Patienten, sind im Umgang mit ihnen geschult und wir kennen unsere Hunde. So können wir als Team exzellent zusammenarbeiten“, erläutert Barbara Timmerbeul, Oberärztin in der Klinik für Geriatrie. Denn jeder Hund ist individuell und hat seine Stärken.

Gut ausgebildete Hunde
„Mit einem strukturierten Konzept wurde die Geschäftsführung überzeugt und Mitstreiter für die Idee schnell gefunden“, berichtet Thomas Becker, kaufmännischer Direktor.

Barbara Timmerbeul gelang das gemeinsam mit Krankenschwester Renate Dieken. Nun wurden die Hunde der Mitarbeiterinnen, die sich für diese Aktion meldeten, in einer Hundeschule umfassend ausgebildet. Sie mussten nicht nur die Grundkommandos wie „Sitz“, „Platz“, „Bleib“ und „Aus“ beherrschen, sondern auch lernen, vor Rollatoren, Rollstühlen und anderen geriatrischen Hilfsmitteln nicht zurückzuschrecken. Zum Abschluss galt es, eine Verhaltensprüfung zu bestehen.

Quartett an Halstüchern erkennbar
Aktuell sind vier Vierbeiner als „Patientenfreunde“ im St. Irmgardis-Krankenhaus im Einsatz: Neben Renate Diekens Tonga, gibt es Elsie. Sie ist eine fünf Jahre alte Malteser-Mix-Hündin und gehört zusammen mit Murphy, einem dreijährigen Collie-Schäferhund-Mischling zu Christine Köhler-Maas, einer Pflegefachkraft. Monty, ebenfalls ein sechsjähriger Malteser-Mix, hört auf Britta Steinwegs, ebenfalls Pflegefachkraft. Zusammen bilden sie das Quartett der „Patientenfreunde“, wie die Hunde genannt werden und an ihren Halstüchern erkennbar sind.

Geeignet für demente, verwirrte oder depressive Patienten
Gestartet wurde im Herbst 2019, dann kam der erste Lockdown und stoppte die vierbeinige Truppe in ihren Betreuungs-Unterstützungen. Nachdem die Inzidenz-Zahlen sich nun deutlich besserten, begann vor einigen Wochen für die Gruppe auch der Einsatz wieder. Geplant ist, dass alle 14 Tage ein Hund „Dienst“ an einem Samstag hat. „Wir haben mehr Patienten, die sich für das Training eignen, als ausgebildete Hunde“, erklärt Barbara Timmerbeul den Erfolg der Aktion. Daher freut man sich im Krankenhaus sehr auf weitere vierbeinige Unterstützung.

Durchbruch in der Betreuung
Geübt wird in einer 15-minütigen Einheit alleine oder mit zwei Patienten gleichzeitig. Dabei ist es Aufgabe der Patientenfreunde, den Kontakt zu den Menschen aufzunehmen, die zum Teil verwirrt oder in ihrer Wahrnehmung, im Erinnern oder Denken gestört sind Oder unter Mobilitätsproblemen, beispielsweise nach Schlaganfällen, leiden. Auch bei schwer depressiven Patienten schaffen es die vierbeinigen Therapeuten mit ihrem Charme, neue Lebensfreude und Spaß zu erzeugen.

„Wir haben oft über unsere Hunde einen Durchbruch in der Betreuung geschafft“, erzählt Christine Köhler-Maas. Dabei sind besonders die beiden Kleinen, Elsie und Monty, erfolgreich. „Elsie mag es sehr, gestreichelt zu werden, und das ist für manche Patienten eine Art Türöffner“, weiß Renate Dieken. Auch Monty hat seine eigenen Fans unter den Patienten, da er ein äußerst gelehriger, aber auch niedlicher Hund ist. „Wenn er aus seinem Rucksack schaut, gewinnt er sofort alle Herzen“, berichtet Britta Steinwegs.

Große Fortschritte
Die Veränderungen im Verhalten der geriatrischen Patienten sind dank der Patientenfreunde offensichtlich. Renate Dieken hat ein eigenes Formular entwickelt, in dem die Fortschritte festgehalten werden. „Daraus soll irgendwann einmal eine Dokumentation entstehen“, weiß Barbara Timmerbeul. „Es ist einfach eine Freude zu sehen, wie leicht es unseren vierbeinigen Kollegen gelingt, Kontakt zu den Patienten zu bekommen. Ihrem Charme kann man halt nicht widerstehen.“